Zivile Konfliktbearbeitung:

Reduzierung der Konflikte zwischen Ackerbauern und ViehhalterN im Tschad

Der folgende Text basiert auf einem Manuskript aus dem Jahr 2007, das in einer stark gekürzten Fassung in der Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes erschien (dedBrief, Heft 4, 2007). Eine mit konkreten Zahlen belegte Charakterisierung der Konflikte Ackerbauern/Viehhaltern enthält ein weiterer Bericht. Daraus abgeleitet wurde ein Modell zu diesem Konflikt, das quasi als Pendant zum ersten Bericht erstellt wurde, um systematische Grundsätzlichkeiten herauszustellen.

Einführung

Das Programm zur Bearbeitung der Konflikte zwischen Ackerbauern und Viehhaltern im Tschad (Programm MEC) bietet einen Verständigungsrahmen, um über gut abgestimmte Aktionen die Häufigkeit und die Intensität der Konflikte zwischen diesen beiden Gesellschaftsgruppen zu minimieren. Die Vision, die das Programm dabei antreibt, ist genauso klar wie anspruchsvoll: Frieden zwischen Ackerbauern und Viehhaltern. Nicht mehr und nicht weniger.


Die Konflikte zwischen Ackerbauern und Viehhaltern existieren seit der Mensch angefangen hat, Vieh zu halten und Ackerbau zu betreiben anstatt lediglich vom Jagen und Sammeln zu leben. Es sind vom grundlegenden Ansatz her zunächst einmal Auseinandersetzungen um Land für eben Viehhaltung oder Ackerbau und um Wasser für den Mensch und seine Tiere oder Kulturpflanzen. Darin unterscheidet sich der Tschad nicht von den anderen Ländern in West- und Zentralafrika, wo die Konflikte ebenfalls überall existieren – insbesondere, weil es in der gesamten Region noch einen sehr hohen Anteil nomadischer Viehhalter gibt.

Schafherde auf dem Weg in den tschadischen Süden.
Schafherde auf dem Weg in den tschadischen Süden.

Konfliktursachen

In der Realität existieren im Tschad allerdings noch wesentlich mehr Gründe für die Auseinandersetzungen. Es können drei Kategorien auf verschiedenen Niveaus unterschieden werden:

 

1. Auf unterster Ebene lassen sich all jene Gründe zusammenfassen, die dort vorhanden sind, wo sich die Konflikte tatsächlich abspielen – also direkt vor Ort und zwischen den Parteien. Hierbei muss zunächst die Zerstörung von Feldern mit Ackerkulturen durch das weidende Vieh angeführt werden, da dies schon mehr als drei Viertel aller Konflikte auslöst. Hinzu kommt die Vernichtung von bereits eingefahrener Ernte durch das Vieh. Leider legen einige Ackerbauern auch gezielt Felder an, so dass die Viehhalter auf den Wanderungen mit ihren Tieren geradezu zwangsläufig dort hinein laufen müssen. Solche Felder sind nichts anderes als Fallen, mit denen versucht wird, eventuelle Entschädigungszahlungen zu erpressen. Darüber hinaus sind in dieser Kategorie auch noch Gründe wie Viehdiebstahl, Tierquälerei, Betrug etc. anzuführen.

MEC-Logo (MoI)

Zur Verwirklichung der Ziele des Programm MEC arbeitete der Internationale christliche Friedensdienst EIRENE e.V. von März 2000 an über mehrere Jahre hinweg sehr eng mit drei tschadischen Organisationen zusammen:

  • ACTT. Vereinigung der traditionellen Autoritäten des Tschads,
  • ATNV. Tschadischer Verein für Gewaltfreiheit, eine breit ausgerichtete Menschenrechtsorganisation,
  • AMECET. Verein zur Konfliktbearbeitung zwischen Viehhaltern und Ackerbauern im Tschad, ebenfalls eine Menschenrechtsorganisation, bereits auf den Konflikt zwischen den beiden Gruppen spezialisiert.

Innerhalb dieser Partnerschaft vermittelte EIRENE zu den finanzierenden Institutionen (BMZ und Cordaid), koordinierte die Aktivitäten der Partner vor Ort und führte verschiedene Weiterbildungen für die Partner durch. Einen Schwerpunkt bildeten Techniken zur Vorbeugung und konkreten Bearbeitung von Konflikten sowie Themen aus dem Projektmanagement und der Entwicklung von Organisationen im Allgemeinen.

 

Ingo Möller war als Berater für dieses Programm im Tschad tätig.

Karte der Republik Tschad (Quelle: UN).
Karte der Republik Tschad (Quelle: UN).

2. Auf einer zweiten Ebene sind eine große Anzahl von Ursachen vereint, die gesellschaftlich oder kulturell bedingt zwischen den Parteien stehen. Manchmal sind es auch psychologische Probleme, beispielsweise

  • wenn große Viehherden immer noch als Prestigeobjekt und als Ausdruck von Reichtum angesehen werden;
  • wenn von den Viehhaltern ungelernte und vielfach junge, minderjährige Hirten aus den „ackerbäuerlichen Familien“ angeworben werden;
  • wenn auf allen Ebenen der tschadischen Gesellschaft Konflikte sehr schnell mit körperlicher Gewalt oder gar mit Waffen ausgetragen werden und Waffen mehr oder weniger frei zugänglich sind oder
  • wenn sich Ackerbauern durch den tschadischen Staat nicht geschützt fühlen, sondern ihn als parteilich für die Belange der Viehhalter wahrnehmen – ein Phänomen, das als Folge der Bürgerkriege in den vergangenen Jahrzehnten mit der oftmals erwähnten Spaltung des Tschad in einen mehrheitlich islamischen Norden und einen überwiegend christlich-animistischen Süden zusammenhängt. Diese Wahrnehmungen „Nord gegen Süd“ und „Moslems gegen Christen“ entsprechen übrigens nicht immer einer komplizierten Realität. Fakt bleibt allerdings, dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen stets wesentlich mehr betont werden als ihre Gemeinsamkeiten.

3. Auf der dritten Ebene finden sich schließlich vorwiegend strukturelle Ursachen, die zu Auseinandersetzungen zwischen Ackerbauern und Viehhaltern führen. Es sind also all jene Gründe, die nicht direkt zwischen den Konfliktparteien stehen, sondern quasi von außen als Rahmenbedingungen darauf einwirken.

Ferrick
Lager von Viehhaltern (ferrick) am Stadtrand von Moundou.

Genau hier wird es noch komplizierter – allein schon, weil es so viele strukturelle Ursachen gibt:

  • Das andauernde natürliche Bevölkerungswachstum, die Zunahme der Viehherden sowie eine schleichende Bevölkerungswanderung seit den 1970er Jahren, und zwar aus den nördlichen in die fruchtbareren, zentralen und südlichen Regionen des Landes;
  • Die Veränderung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen in bestimmten Regionen durch zum Beispiel klimatische Veränderungen mit weniger Regen und eine Übernutzung durch unangepasste Wirtschaftsweisen;
  • Das zunehmende Sesshaftwerden ehemaliger Nomaden in Regionen, die ursprünglich Ackerbaugebiete waren;
  • Zahlreiche Ackerbauern, die heute auch Vieh halten und somit zwangsläufig in Wettbewerb mit den traditionellen Viehhaltern treten;
  • Das Missachten oder das (lokale) Nicht-Vorhandensein von Wanderrouten für den Viehtrieb der Nomaden;
  • Die fehlende Erneuerung des bereits 1959 in Kraft getretenen und längst veralteten Gesetzes zur Regelung des Nomadismus im Tschad. Ein neuer Gesetzesentwurf liegt zwar seit 2002 vor und wurde auch einmal im Parlament diskutiert. Seitdem schlummert er jedoch in den Schubladen und gilt als „heißes Eisen“, an dem sich niemand die Finger verbrennen möchte;
  • Das Fehlen einer übergeordneten Raumordnungsplanung;
  • Eine allgemein schlecht funktionierende staatliche Verwaltung;
  • Die Ignoranz des Staates und Teilen der Bevölkerung gegenüber den traditionellen Autoritäten wie Sultanen und regionalen oder lokalen Chefs, die in der Vergangenheit für die Schlichtung von Auseinandersetzungen zwischen Ackerbauern und Viehhaltern zuständig waren.

Weitere Besonderheiten im Tschad

Die Ursachen der Konflikte sind im Tschad wesentlich komplexer als in den anderen Ländern West- und Zentralafrikas. Während sie dort meist tatsächlich auf den Wettbewerb um Boden und Wasser beschränkt bleiben und die Auseinandersetzungen sind örtlich begrenzt sind, betreffen die Konflikte im Tschad praktisch das ganze Land jenseits der Wüste. Es ist also ein nationales Problem – im Osten, im Süden, im Westen und im Zentrum.

RInder
Rinder werden aus einem Feld getrieben.

Neben der zuvor erwähnten Vielzahl von Ursachen, gibt es außerdem noch eine nicht zu leugnende Einmischung von einigen Staatsbediensteten und Ordnungskräften, also Polizei und Militär, die an den Auseinandersetzungen verdienen wollen; zum Beispiel, indem sie parteiisch eingreifen oder ungerechtfertigt hohe Geldstrafen verhängen. Darüber hinaus, und das hat noch größere Auswirkungen: Einige Verantwortliche aus Verwaltung und Sicherheit besitzen eigenes Vieh, vertrauen dieses dann anderen Viehhaltern zu Weidezwecken an und statten die Viehhalter zugleich mit modernen Waffen aus. Letztlich: Einige Politiker gießen zusätzlich Öl ins Feuer, weil sie die Konfliktparteien geradezu gegeneinander aufwiegeln, indem sie der einen oder der anderen Seite irreführende Versprechungen machen – sei es, dass Viehhalter ermutigt werden, sich neuer Lebens- und Weideplätze zu ermächtigen oder, dass Ackerbauern versprochen wird, dass die Viehhalter vertrieben werden. Der Unterschied zwischen den Konflikten Ackerbauern/Viehhalter im Tschad zu denen in anderen west- und zentralafrikanischen Ländern lässt sich somit – etwas vereinfacht – gut zusammenfassen: Im Tschad ist das Konfliktfeld Ackerbauern/Viehhalter in hohem Maße politisiert.

Charakterisierung der konkreten Auseinandersetzungen

Ausgehend von einem konkreten Anlass wie der Zerstörung eines Feldes durch weidende Rinder oder Schafe oder auch durch Viehdiebstahl, beginnen die Konflikte meist mit einer heftigen verbalen Auseinandersetzung. Diese kann in Raufereien und wüste Prügeleien übergehen. Oftmals bleibt es nicht auf diesem Niveau stehen, sondern die Konfliktparteien setzen Waffen ein, um ihre Differenzen zu beseitigen; von Messern und Hacken bis zu modernen halbautomatischen Schusswaffen wie Kalaschnikovs ist alles dabei. Es hat sich gezeigt, dass selbst in diesem Stadium noch nicht Schluss sein muss. Dann werden die Auseinandersetzungen besonders bitter, denn es kommt zu Revancheakten nach dem Motto „Auge um Auge“ ... Im Verlauf der Konflikte kommt es also zu einer Zunahme der Gewalt, so wie es schon vielfach und in einigen theoretischen Modellen beschrieben wird. Dass es dabei zu Verletzten und selbst Toten kommt und die Spannungen zwischen den Konfliktparteien steigen, ist evident ...

Eine detaillierte, quantitative Charakterisierung der Konflikte Ackerbauern/Viehhalter kann folgendem Artikel in französischer Sprache entnommen werden:

Rapport de conflits

Die Zahlen des Programm MEC aus den Jahren 2000 bis Ende 2005 sind dennoch schockierend: In rund 15 % der Fälle schlagen sich die Leute und in rund 13 % setzen sie auch Waffen ein. Diese beiden Zahlen liegen so eng zusammen ... es ist also nur ein kleiner Schritt zum Einsatz von Waffengewalt. Mehr als jeder fünfte Konflikt fordert menschliche Opfer, seien es Verletzte (etwa 16 %) oder Tote (rund 10 %). Es ist davon auszugehen, dass die Konflikte zwischen Ackerbauern und Viehhaltern im Tschad mehr als 100 Tote pro Jahr nach sich ziehen.

 

Glücklicherweise hat sich daran in den letzten Jahren aber schon etwas geändert; und daran hat das Programm MEC einen erheblichen Anteil. Die Zahl der Toten und Verletzten geht über die Jahre eindeutig zurück und die Spannungen nehmen allgemein ab.

Art der Intervention des Programm MEC

Das Programm MEC ist insgesamt auf die Förderung der gewaltfreien, zivilen Bearbeitung bestehender Konflikte und auf eine Vorbeugung vor solchen Auseinandersetzungen ausgerichtet. Da die Ursachen der Konflikte so vielfältig sind, setzt das Programm an unterschiedlichen Stellen und mit verschiedenen Maßnahmen an. Im wesentlichen sind es fünf Bereiche:

  1. Aufbau von Komitees zur Konfliktschlichtung
  2. Ausbildung dieser Komitees (zentrale Punkte der ersten Programmphase von 2000 bis März 2004).
  3. Konkrete Konfliktbearbeitung vor Ort
  4. Umfangreiche Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung zum Konflikt Ackerbauern/Viehhalter
  5. Lobbyarbeit auf nationaler und regionaler Ebene (während der zweiten Programmphase  bis 2007)
Atelier
Workshop und Diskussionsforum zum Konflikt

Der Einsatz der Komitees zur Konfliktschlichtung

Die tschadischen Partnerorganisationen des Programms haben mittlerweile fast 300 Schlichtungskomitees gegründet, und zwar in den Regionen, in denen die meisten Konflikte auftreten. Die Komitees bestehen in der Regel aus sechs Personen: Drei Personen aus den Kreisen der Viehhalter, drei von Seiten der Ackerbauern. Diese Ausgeglichenheit stellt ihre Unparteilichkeit sicher und demonstriert sie nach außen.


Im Konfliktfall nehmen sie die Rolle von neutralen Vermittlern wahr. Wenn sie von den Betroffenen eines Konflikts gebeten werden, oder selber oder von anderen von einem Konflikt erfahren, begeben sie sich zum Ort des Geschehens. Dort schätzen und bewerten sie die entstandenen Schäden nach einem einheitlichen Verfahren. Dies geschieht im Beisein der Konfliktparteien und damit vollkommen offen und für alle durchschaubar. Anschließend helfen die Komitees den Parteien eine einvernehmliche Lösung ihres Problems zu finden, das heißt, dass der Geschädigte am Ende angemessen entschädigt wird und der Verursacher in Ehre und Würde seines Weges ziehen kann.

Über den gesamten Vorgang wird schließlich ein Protokoll angefertigt und von allen unterschrieben. Das Protokoll unterstreicht zunächst die Verbindlichkeit der getroffenen Lösung. Dann könnte es aber auch vor Gericht verwendet werden, nämlich dann, wenn die eine oder die andere Seite einmal nicht den zugesagten Verpflichtungen nachkommen sollte.

Mediation
Moderation von Verhandlungen im Konfliktfall

Die gesamte Prozedur dieser Konfliktbearbeitung lässt sich unter dem Begriff „Mediation“ zusammenfassen – daher auch der französische Name des Programms MEC: Médiation entre éleveurs et cultivateurs.

Das Hauptarbeitsmittel der Schlichtungskomitees ist der Dialog. So einfach das klingen mag, so schwierig ist es. Die Komitees haben es häufig mit Konflikten zu tun, bei denen die eine oder andere Seite ihre Schuld nicht eingestehen will und sich dementsprechend unkooperativ verhält. In solchen Fällen die Verständigung zwischen den Parteien aufrecht zu erhalten und dann auch noch zu einer tragbaren Lösung zu kommen, das ist die wahre Kunst. Um es ein wenig abzukürzen: Der Dialog dient der Sicherstellung der Verständigung zwischen den Konfliktparteien, und genau dafür sind die Schlichtungskomitees verantwortlich. Sie helfen den Konfliktparteien somit eine Lösung ihres Problems zu finden, um möglichst schnell und unkompliziert die Wogen zu glätten, ohne dass der undurchsichtige, langwierige und teure Weg über die Justiz bestritten werden muss.

Bei dieser anspruchsvollen Aufgabe kommt es leider immer wieder vor, dass die Schlichtungskomitees von der einen oder anderen Seite beeinflusst werden, weil sie sich nicht richtig behandelt fühlt. Wenn man allein bedenkt, wie schnell eine Konfliktpartei einfach auf ihrer Meinung beharrt oder wie schnell die Emotionen in einem Streitfall hoch kochen, kann man sich die Schwere der Aufgabe leicht ausmalen. Sie erfordert einen Einsatz der ganzen Person, einiges an Fingerspitzengefühl und ist sehr delikat. Zum Teil ist die Aufgabe sogar gleich zu Beginn des Einsatzes gefährlich – nämlich dann, wenn es vor der Mediation zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien kam. In solchen Fällen, also wenn es zum Beispiel zu erheblichen Verletzungen kommt, wird das Mandat der Schlichtungskomitees allerdings auch überschritten und der Fall wird an die Justiz weitergeleitet werden.

Nichtsdestotrotz: Der Erfolg der ausgebildeten Schlichtungskomitees ist sehr groß. Rund 80 % der Fälle, zu denen sie hinzugezogen werden, werden von ihnen auch zur Zufriedenheit der Konfliktparteien gelöst, d.h., dass sich die Konfliktparteien anschließend die Hände reichen und in gegenseitigem Respekt auseinander gehen.

Arbeitsfeld Bewusstseinsbildung

Über die Bewusstseinsbildung wird den Menschen vermittelt, dass sie ihre Probleme nur über eine gegenseitige Verständigung, über die Kommunikation, über den Dialog lösen können – nicht durch Fäuste, Messer, Hacken und Macheten oder Pistolen und Gewehre. Es geht darum, sie aufzuklären und gleichermaßen für ein friedliches Miteinander zu gewinnen. Es wird für ein gegenseitiges Verständnis geworben.

Hierzu werden unter anderem Theatertourneen durchgeführt. Über das Straßentheater lässt sich das schwere Thema relativ leicht und locker präsentieren, ohne dass sich jemand persönlich angesprochen und verurteilt fühlen muss.

Darüber hinaus geschieht eine intensive Zusammenarbeit mit den staatlichen, privaten und kirchlichen Radiostationen.

Handi-Theater und MEC auf Tournee.
Handi-Theater und MEC auf Tournee.

Insgesamt sind es zehn verschiedene Stationen, die die verschiedenen Landesteile abdecken und für eine regelmäßige Präsenz des Themas sorgen – sei es durch kurze Spots oder durch längere Reportagen. Um aktuelles Material und Originalstimmen der Betroffenen zu sammeln, werden zusammen mit den Journalisten Missionen in die Konfliktregionen unternommen oder sie nehmen an den anderen Veranstaltungen von MEC teil.


Außerdem steht das Programm in engem Kontakt mit der schreibenden Presse und setzen auf das Medium „Film“. Ein Film wurde sogar selbst produziert und ein weiterer von einer renommierten, professionellen Firma hergestellt.

Die Filme werden beispielsweise auch zur Animation auf unterschiedlichen Foren eingesetzt, zu denen in den verschiedenen Regionen wirklich alle am Konflikt beteiligten Gruppen eingeladen werden: Vertreter der Ackerbauern und Viehhalter, aber auch die traditionellen und religiösen Führer, die Polizei, Militär und Verwaltung. Auf den Foren kommen somit rund 80 bis 100 Leute zusammen – meist sogar mehr als eingeladen worden. Es geht letztlich darum, dass die verschiedenen Gruppen ihre Empfindungen, Meinungen und Standpunkte zum Konflikt in ihrer Region frei und von Angesicht zu Angesicht austauschen. Darauf aufbauend werden dann gemeinsame Lösungsansätze erarbeitet, was immer wieder ermutigend ist – denn  es zeigt sich nämlich oft sehr schnell, dass vieles zwischen den Ackerbauern und Viehhaltern auf Vorurteilen, Misstrauen, unbegründeten Schuldzuweisungen oder verallgemeinerten geschichtlichen Mythen beruht. Sind diese zwischenmenschlichen Barrieren erst einmal überwunden, wird gerade den Ackerbauern und Viehhaltern schnell klar, dass sie eigentlich zueinander gehören wie die Seiten einer Medaille  – teilweise fehlt ihnen einfach nur die Gelegenheit sich in Ruhe zu verständigen, um die Differenzen zwischen ihnen abzubauen.

Erfolge des Programms MEC – Ein Résumé

1. Die Arbeit der Schlichtungskomitees. Die zivile Konfliktbearbeitung funktioniert und wird immer mehr angenommen. Übrigens geschieht diese Arbeit auf ehrenamtlicher Basis, wofür den Mitgliedern nur aufrichtig gedankt werden kann. Über den Aufbau, die kontinuierliche Ausbildung und die erfolgreiche Arbeit der Schlichtungskomitees ist es dem Programm MEC gelungen, die oftmals undurchsichtige und parteiische Einflussnahme von staatlichen Ordnungskräften auf den Konflikt einzudämmen.

2. Die Einrichtung der Foren: Ackerbauern und Viehhalter werden sich zunehmend bewusst, dass sie sich nicht feindlich gegenüberstehen, sondern sich vielmehr ergänzen, weshalb sie auch von einem friedlichen Miteinander profitieren. Das gegenseitige Misstrauen geht also langsam aber stetig zurück.

3. Dazu trägt sicherlich auch die Sensibilisierung über das Radio bei; in welchem Maße ist allerdings schwer zu messen. Dennoch ist klar, dass man sich mittlerweile viel offener und verantwortungsbewusster über den Konflikt Ackerbauern-Viehhalter unterhalten kann als noch vor drei oder vier Jahren. Das Thema ist einfach präsenter geworden.

4. Schließlich sollte noch ein Bereich hervorgehoben werden, der bisher nur randlich berührt wurde: Die Lobbyarbeit gegenüber Politikern, Verantwortlichen der Verwaltung oder anderen Meinungsführern, um sie für einen Einsatz gegen den Konflikt zu gewinnen. Innerhalb dieses Arbeitsfeldes wurde begonnen, Partnerschaften mit weiteren Organisationen aufzubauen, die ähnliche Ziele verfolgen wie das Programm MEC. Im Zusammenschluss mit anderen Alliierten kann man einfach mehr erreichen als als einzelnes Programm. Das so entstandene Netzwerk umfasst mittlerweile mehr als dreißig Organisationen mit unterschiedlichem Hintergrund: Menschenrechtsorganisationen, Frauenverbände, Vereinigungen der Viehhalter, religiöse Organisationen und auch die Presse mit Zeitungen und Radiostationen.

Der Verbund dient einerseits dem regelmäßigen Informationsaustausch, andererseits aber auch der Abstimmung gemeinsamer Aktionen zur Verringerung der Konflikte in den ländlichen Regionen. Wie gut die Zusammenarbeit funktioniert und wie offen mittlerweile miteinander gearbeitet werden kann, zeigt sich in der Tatsache, dass der aktuelle Vorsitzende von der Kommission „Gerechtigkeit und Frieden“ der katholischen Kirche kommt, während sein Stellvertreter dem „Hohen Rat für islamische Angelegenheiten“ angehört.


Fazit: Wenn wir die Erfolge des Programms MEC kurz zusammenfassen, können wir feststellen, dass die Ackerbauern und Viehhalter langsam verstehen, dass sie sich mit ihren beinahe identischen Interessen sehr gut ergänzen statt sich gegenüberzustehen. Die Häufigkeit und Intensität ihrer Konflikte nimmt zwar langsam, aber dennoch stetig ab – und dies ist ja das Gesamtziel des Programms.

Ein Modell zum Konflikt Ackerbauern/Viehhalter findet sich im folgenden Artikel in französischer Sprache. Darin werden systemische Aspekte beleuchtet und auch quantifiziert.

CEC Article


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